So gelingt die Pflegebegutachtung: Tipps für den Besuch des Medizinischen Dienstes oder von Medicproof

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Die Pflegebegutachtung ist ein entscheidender Moment für pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen. Denn sie bestimmt, ob ein Pflegegrad bewilligt wird und damit, welche Pflegeleistungen die Pflegekasse übernimmt. Viele Menschen empfinden den Hausbesuch des medizinischen Dienstes (MD) oder von Medicproof als große Belastung. Unsicherheit, Angst vor Fehlentscheidungen und die Sorge, etwas falsch zu machen, sind völlig normal. Dieser umfassende Ratgeber hilft Ihnen, sich gründlich vorzubereiten, den Termin selbstbewusst zu gestalten und nach dem Besuch sinnvolle Schritte einzuleiten. Mit mehr als 30 Tipps, praxisnahen Erklärungen und vielen Beispielen zeigt dieser Beitrag den Weg zu einer erfolgreichen Pflegegrad-Einstufung. Warum die Pflegebegutachtung wichtig ist…

pflegebegutachtung durch den medizinischen dienst medicproof
Inhaltsverzeichnis

Die Pflegebegutachtung ist ein entscheidender Moment für pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen. Denn sie bestimmt, ob ein Pflegegrad bewilligt wird und damit, welche Pflegeleistungen die Pflegekasse übernimmt. Viele Menschen empfinden den Hausbesuch des medizinischen Dienstes (MD) oder von Medicproof als große Belastung. Unsicherheit, Angst vor Fehlentscheidungen und die Sorge, etwas falsch zu machen, sind völlig normal.

Dieser umfassende Ratgeber hilft Ihnen, sich gründlich vorzubereiten, den Termin selbstbewusst zu gestalten und nach dem Besuch sinnvolle Schritte einzuleiten. Mit mehr als 30 Tipps, praxisnahen Erklärungen und vielen Beispielen zeigt dieser Beitrag den Weg zu einer erfolgreichen Pflegegrad-Einstufung.

Warum die Pflegebegutachtung wichtig ist

Eine Pflegebedürftigkeit ist oft mit Einschränkungen im Alltag, mit gesundheitlichen Belastungen und mit organisatorischen Herausforderungen verbunden. Eine korrekte Einstufung in den richtigen Pflegegrad sorgt dafür, dass Betroffene passende Unterstützung erhalten, sei es durch einen Pflegedienst, durch Angehörige oder durch eine professionelle Haushaltshilfe.

Die Begutachtung erfüllt dabei mehrere Aufgaben:

  • Feststellung des Pflegebedarfs
  • Bewertung der Selbstständigkeit in sechs Lebensbereichen
  • Prüfung des Umfangs der benötigten Hilfe
  • Empfehlung zu Hilfsmitteln oder therapeutischen Maßnahmen
  • Grundlage für den Bescheid der Pflegekasse

Umso wichtiger ist es, die Begutachtung nicht dem Zufall zu überlassen.

Überblick über den Medizinischen Dienst (MD) und Medicproof

Was macht der Medizinische Dienst (MD)?

Der MD ist der offizielle Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Seine Gutachterinnen und Gutachter besuchen Menschen zu Hause, um ihre Fähigkeiten und Einschränkungen im Alltag zu bewerten.

Wichtige Merkmale:

  • neutral und unabhängig
  • Bewertung nach gesetzlich festgelegten Kriterien
  • einheitliches Verfahren in ganz Deutschland

Was ist Medicproof?

Medicproof übernimmt die Pflegebegutachtung für privat Versicherte. Auch hier gelten dieselben Bewertungsmaßstäbe und Regeln. Der Ablauf ist nahezu identisch, privat Versicherte erhalten jedoch ihren Gutachter über die private Pflegeversicherung.

Der Ablauf eines Begutachtungstermins beim Hausbesuch

Terminankündigung und Vorbereitung

Die Pflegekasse oder private Pflegeversicherung informiert über den genauen Termin. Er kann verschoben werden, wenn z. B. wichtige Angehörige keine Zeit haben oder Unterlagen fehlen.

Ablauf beim Hausbesuch

Der Besuch dauert in der Regel zwischen 45 und 90 Minuten. Der Gutachter oder die Gutachterin:

  • stellt Fragen
  • beobachtet Alltagssituationen
  • prüft Unterlagen
  • bewertet Selbstständigkeit
  • schätzt Risiken ein
  • dokumentiert alle Angaben

Wichtig: Der Besuch ist kein Test, sondern soll eine Momentaufnahme des Pflegealltags sein, sodass der Gutachter oder die Gutachterin den tatsächlichen Pflegebedarf einordnen kann.

Nach dem Termin

Der Gutachter erstellt ein Gutachten, das an die Pflegekasse gesendet wird. Erst darauf basierend wird entschieden, welcher Pflegegrad bewilligt wird.

Das Bewertungssystem des MDK einfach erklärt

Seit der Pflegereform 2017 beurteilt der Medizinische Dienst (MD) die Pflegebedürftigkeit nicht mehr anhand des „Minutenmodells“, sondern über ein Punktesystem, das die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person in sechs klar definierten Lebensbereichen bewertet.

Das Ziel: Ein realistisches, ganzheitliches Bild über den Unterstützungsbedarf der zu pflegenden Person.

Die sechs Module des Bewertungssystems des MDs

Die Gutachterinnen und Gutachter bewerten die Selbstständigkeit in sechs verschiedenen Modulen (Lebensbereichen).

Jedes Modul fließt unterschiedlich stark in die Gesamtbewertung ein (unterschiedliche Gewichtung).

Modul 1: Mobilität (10 % Gewichtung)

Bewertet wird, wie selbstständig sich die Person im häuslichen Umfeld bewegen kann.

Typische Aufgaben:

  • Aufstehen und Hinsetzen
  • Umsetzen (z. B. Bett → Stuhl)
  • Fortbewegen innerhalb der Wohnung
  • Treppensteigen

Je weniger selbstständig die Person ist, desto mehr Punkte werden in diesem Modul vergeben.

Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (7,5 %)

In Modul 2 prüft die Gutachterin, wie gut die pflegebedürftige Person geistig orientiert, entscheidungsfähig und kommunikativ erreichbar ist. Dieses Modul zeigt, ob die betroffene Person ihren Alltag gedanklich und sprachlich selbstständig bewältigen kann oder ob kognitive Einschränkungen bestehen.

Was genau bewertet wird:

  • Orientierung zu Zeit, Ort und Personen:
    Kann die Person erkennen, welcher Tag es ist, wo sie sich befindet und wer die Menschen um sie herum sind?
  • Gedächtnisleistungen und Merkfähigkeit:
    Werden wichtige Informationen vergessen, etwa Medikamente, Termine oder laufende Tätigkeiten?
  • Entscheidungsfähigkeit im Alltag:
    Kann die Person selbstständig Entscheidungen treffen, z. B. was sie anzieht oder isst?
  • Verstehen und Verarbeiten von Informationen:
    Werden Fragen oder Anweisungen verstanden oder muss mehrfach erklärt werden, was zu tun ist?
  • Kommunikation und Gesprächsfähigkeit:
    Kann die Person verständlich sprechen, auf Fragen reagieren und sich ausdrücken?
    Gibt es Wortfindungsstörungen, Verwirrtheit oder Probleme beim Formulieren?

Kurz gesagt: Modul 2 bewertet alle notwendigen Fähigkeiten, um den Alltag geistig zu strukturieren, Handlungen zu planen und mit anderen Menschen zu kommunizieren.

Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (7,5 %)

In Modul 3 geht es nicht um das Denken oder Sprechen, sondern um das Verhalten und die emotionalen bzw. psychischen Belastungen, die Pflege und Betreuung erschweren. Dieser Bereich spielt vor allem bei Demenz, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen eine große Rolle.

Was genau bewertet wird:

  • Nächtliche Unruhe:
    Häufiges Aufstehen, Herumwandern, nächtliche Verwirrtheit oder das Bedürfnis, die Wohnung zu verlassen.
  • Aggressives oder impulsives Verhalten:
    Verbale oder körperliche Aggression, Abwehrverhalten bei der Pflege, Reizbarkeit.
  • Ängste und Unsicherheiten:
    Angst vor Stürzen, allein zu bleiben, vor dem Verlassen der Wohnung oder vor bestimmten Alltagssituationen.
  • Weglauftendenzen oder Orientierungslosigkeit:
    Die Person verlässt ohne Ziel die Wohnung oder verläuft sich in der eigenen Umgebung, ein typisches Symptom bei Demenz.
  • Depressive oder sozial rückgezogene Phasen:
    Rückzug, Antriebslosigkeit, fehlende Motivation, Interessenverlust, sozialer Rückzug oder allgemeine Traurigkeit.

Kurz gesagt: Modul 3 beschreibt Verhaltensweisen und psychische Belastungen, die regelmäßige Beaufsichtigung, Anleitung oder emotionale Unterstützung erforderlich machen – oft rund um die Uhr.

Warum werden Modul 2 und Modul 3 zusammen betrachtet?

Beide Module bewerten die geistige und emotionale Selbstständigkeit.
Damit es nicht zu einer doppelten Bewertung kommt, gilt:

Vom MD/Medicproof wird nur das Modul berücksichtigt, in dem mehr Punkte erreicht wurden.

Das bedeutet:

  • Wenn jemand starke kognitive Probleme hat → Modul 2 zählt.
  • Wenn jemand vor allem psychische Verhaltensauffälligkeiten zeigt → Modul 3 zählt.

So erhält jede Person eine faire, einheitlich bewertete Einstufung – je nachdem, welche Einschränkungen im Alltag stärker ins Gewicht fallen.

Modul 4: Selbstversorgung (40 % Gewichtung)

Hier geht es um die Basis der täglichen Versorgung:

  • Körperpflege (Waschen, Duschen, Zähneputzen)
  • Ernährung (Zubereitung, Essen, Trinken)
  • An- und Auskleiden
  • Toilettengang und Inkontinenzversorgung

Dieses Modul zählt am stärksten und entscheidet oft über den Pflegegrad.

Modul 5: Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen (20 %)

Hier geht es um medizinische Maßnahmen:

  • Medikamenteneinnahme
  • Wundversorgung
  • Injektionen (z. B. Insulin)
  • Kompressionsstrümpfe
  • Arztbesuche
  • Therapien
  • Vitalwerte messen

Je mehr Unterstützung nötig ist, desto höher der Punktwert.

Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (15 %)

Bewertet werden u. a.:

  • Tagesstruktur
  • soziale Kontakte
  • Beschäftigung
  • Teilhabe am Alltag
  • Orientierung im Tagesablauf

Beispiel: Kann die Person selbst entscheiden, wie sie ihren Tag gestalten möchte?

Wie aus den Modulen der Pflegegrad entsteht

Jedes Modul erhält Punkte (0–100). Diese Punkte werden mit der jeweiligen Gewichtung multipliziert. Am Ende ergibt sich ein Gesamtpunktwert, aus dem der Pflegegrad hervorgeht.

Die Punktgrenzen der Pflegegrade

Pflegegrad Punktebereich
Pflegegrad 1 12,5 – < 27
Pflegegrad 2 27 – < 47,5
Pflegegrad 3 47,5 – < 70
Pflegegrad 4 70 – < 90
Pflegegrad 5 90 – 100

Tipps für die Pflegegrad-Begutachtung

Tipp 1: Frühzeitig Unterlagen und Pflegetagebuch vorbereiten

Eine gute Vorbereitung ist der halbe Erfolg und im Fall der Pflegebegutachtung sogar noch mehr. Die Unterlagen zeigen, wie hoch der tatsächliche Pflegebedarf ist.

Checkliste für Unterlagen

  • Diagnosen, Laborwerte, Arztbriefe
  • Medikamentenplan
  • Berichte des Pflegedienstes
  • Reha- und Entlassungsberichte
  • Verordnungen für Hilfsmittel
  • Therapiepläne
  • Dokumentation über therapiebedingte Anforderungen und Belastungen
  • ein aktuelles Pflegetagebuch

Ein Pflegetagebuch sollte mindestens zwei Wochen lang aktuelle Einträge enthalten.

Tipp 2: Angehörige beim Termin dabeihaben

Pflegebedürftige spielen ihre Einschränkungen oft herunter, aus Stolz oder aus Scham. Angehörige können den Alltag realistisch darstellen.

Was Angehörige beitragen können

  • Hinweise zu Stürzen
  • Beschreibung des tatsächlichen Pflegeaufwands
  • Ergänzungen zur Medikamenteneinnahme
  • Erläuterungen zu nächtlichen Problemen
  • Angaben zu psychischen Belastungen

Angehörige dürfen und sollen den Gutachter ergänzen und korrigieren.

Tipp 3: Auf Fragen zu kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten vorbereiten

Der MD bzw. Medicproof prüft, ob die pflegebedürftige Person:

  • Gespräche versteht
  • sich orientieren kann
  • Entscheidungen trifft
  • Gefahren erkennt
  • telefonieren oder kommunizieren kann

Gutachterinnen testen z. B. Orientierung („Welcher Tag ist heute?“), Merkfähigkeit oder einfache Planungsfähigkeit.

Tipp 4: Therapiebedingte Anforderungen und Belastungen ausführlich dokumentieren

Viele Pflegebedürftige müssen täglich medizinische Maßnahmen durchführen.

Dazu gehören:

  • Injektionen
  • Medikamentenmanagement
  • Verbände
  • Kompressionsstrümpfe
  • Sauerstofftherapie
  • künstliche Ernährung
  • Blutzuckerkontrolle

Der Gutachter bewertet:

  • ob diese Tätigkeiten selbstständig möglich sind
  • wie hoch der Zeitaufwand ist
  • welche Risiken bestehen, wenn sie nicht korrekt ausgeführt werden

Tipp 5: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen nicht verschweigen

Dieser Bereich wird oft unterschätzt, dabei hat er erhebliches Gewicht für die Einstufung.

Dazu zählen:

  • Unruhe, nächtliches Weglaufen
  • Angstzustände
  • depressive Phasen
  • Aggressionen
  • Verwirrtheit
  • Orientierungsschwierigkeiten

Keine Sorge: Gutachter sind es gewohnt, sensible Themen professionell zu behandeln.

Tipp 6: Den Alltag nicht beschönigen

Viele Menschen möchten am Besuchstag einen „guten Eindruck“ machen. Doch das schadet dem Ergebnis.

Sie sollten nicht:

  • extra aufräumen
  • Hilfsmittel verstecken
  • Aufgaben übernehmen, die der Betroffene sonst nicht schafft
  • Beschwerden herunterspielen

Der Gutachter muss erkennen, wie der Alltag wirklich aussieht.

Tipp 7: Selbstständigkeit realistisch bewerten – pro Modul

Die Pflegebegutachtung umfasst sechs Bereiche („Module“):

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen & psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung
  5. Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Nur wenn alle Module ehrlich dargestellt werden, kann der Gutachter den Pflegegrad korrekt berechnen.

Tipp 8: Pflegedienst und Ärzte ins Boot holen

Pflegefachkräfte können:

  • Berichte erstellen
  • die Dokumentation des Pflegebedarfs bestätigen
  • Hinweise zu Risiken geben
  • die Begutachtung begleiten

Auch Ärztinnen können Atteste oder Stellungnahmen beisteuern.

Tipp 9: Beim Termin offen und ruhig antworten

Antworten wie „Das geht schon irgendwie“ verzerren die Einschätzung. Gutachter*innen bewerten nicht, wie gern jemand selbstständig wäre, sondern wie selbstständig er ist.

Tipp 10: Direkt nach dem Besuch Notizen machen

Schreiben Sie nach dem Termin auf:

  • Was gesagt wurde
  • Welche Fragen gestellt wurden
  • Welche Situationen nicht gesehen wurden
  • Wo Missverständnisse entstanden

Diese Notizen helfen bei späteren Schritten.

Tipp 11: Alle Sturzrisiken benennen

Viele Pflegebedürftige haben:

  • Gangunsicherheit
  • Schwindel
  • Gleichgewichtsprobleme
  • motorische Einschränkungen

Diese müssen unbedingt angesprochen werden, denn sie erhöhen den Betreuungsbedarf.

Tipp 12: Hilfsmittel offen präsentieren

Dazu gehören:

  • Rollator
  • Duschhocker
  • Greifzange
  • Inkontinenzmaterial
  • Pflegebett
  • Lagerungshilfen

Hilfsmittel zeigen, wie stark die Einschränkungen sind.

Tipp 13: Essen und Trinken realistisch schildern

Viele pflegebedürftige Personen benötigen Hilfe bei:

  • der Mahlzeitenzubereitung
  • dem Schneiden von Speisen
  • der Kontrolle der Flüssigkeitsaufnahme
  • dem Erinnern an Essen und Trinken

Diese Punkte sind relevant für die Selbstversorgung.

Tipp 14: Schlafprobleme und nächtliche Belastungen erwähnen

Nächtliche Pflege ist ein großer Belastungsfaktor:

  • nächtliches Aufstehen
  • Toilettengänge
  • Verwirrtheit
  • Weglauf-Tendenzen
  • Schmerzen

Diese Informationen gehören unbedingt ins Gutachten.

Tipp 15: Probleme bei der Körperpflege bei der Pflegebegutachtung konkret benennen

Waschen, Duschen und Anziehen sind entscheidende Kriterien.

Probleme können sein:

  • fehlende Kraft
  • Angst vor dem Duschen
  • Orientierungsschwierigkeiten
  • Bewegungseinschränkungen

Tipp 16: Den selbstständigen Umgang mit Medikamenten genau erklären

Kann die pflegebedürftige Person:

  • die Medikamente selbst einnehmen?
  • Zeiten einhalten?
  • Mengen unterscheiden?
  • Gefahren erkennen?

Wenn nicht, erhöht dies den Pflegebedarf erheblich.

Tipp 17: Arzt- und Therapietermine berücksichtigen

Fahrten zum Arzt, Therapien und Behandlungen sind pflegebedingter Aufwand, besonders bei Mobilitätseinschränkungen.

Tipp 18: Soziale Kontakte und Alltagsgestaltung beschreiben

Viele Menschen verlieren im Alter oder bei Krankheit die Fähigkeit zur sozialen Teilhabe.

Hinweise können sein:

  • Rückzug
  • fehlende Struktur
  • keine Tagesplanung
  • Vereinsamung

Tipp 19: Schamgefühle ernst nehmen

Wenn sich eine pflegebedürftige Person nicht mehr waschen oder anziehen lassen möchte, ist dies ebenfalls ein Pflegeproblem und kein persönliches Versagen.

Tipp 20: Gemeinsamen Haushalt realistisch darstellen

Kochen, aufräumen, putzen, einkaufen und waschen sind nur mit ausreichender Selbstständigkeit möglich.

Viele pflegebedürftige Personen benötigen hier Hilfe, obwohl sie ungern darüber sprechen.

Tipp 21: Gefahren im Haushalt offen ansprechen

Gefahrensituationen wie:

  • Herd nicht ausgeschaltet
  • Stolperfallen
  • vergessene Medikamente
  • überlaufende Badewannen

sollten dokumentiert werden. Nur so kann der Medicproof oder der MD feststellen, wie viel Begleitung im Alltag wirklich benötigt wird.

Tipp 22: Emotionale Belastungen der Angehörigen nicht verschweigen

Der Pflegegrad berücksichtigt nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern auch den Betreuungs- und Aufsichtsaufwand.

Tipp 23: Tagesform-Schwankungen betonen

Viele Erkrankungen (z. B. Demenz, Parkinson, Multiple Sklerose) verlaufen in Wellen.

Gutachter müssen den Durchschnitt und nicht den „guten Tag“ sehen.

Tipp 24: Schmerzen ausführlich schildern

Dazu gehören:

  • chronische Schmerzen
  • akute Schmerzen
  • Schmerzspitzen
  • Bewegungsschmerzen

Schmerzen bedeuten oft zusätzliche Pflege.

Tipp 25: Inkontinenz realistisch darstellen

Harn- oder Stuhlinkontinenz beeinflusst:

  • den Pflegeaufwand
  • die Körperpflege
  • die Wäsche
  • den Alltag
  • die Notwendigkeit von Hilfsmitteln

Tipp 26: Ernährungsspezialisierungen einbeziehen

Bedarf die pflegebedürftige Person:

  • pürierter Kost
  • spezielle Diäten
  • regelmäßige Erinnerung?

Auch das ist Pflegeaufwand.

Tipp 27: Psychische Erkrankungen dokumentieren

Depression, Angststörungen oder Demenz sind relevante Faktoren.

Tipp 28: Wohnsituation einbeziehen

Treppen, enge Räume oder unpassende Duschen erhöhen den Pflegeaufwand erheblich.

Tipp 29: Wiederholtes Nachfragen als Unterstützungsbedarf erkennen

Wenn die Person ständig Fragen wiederholt oder Anweisungen mehrfach benötigt, bedeutet dies echte Betreuungslast und kann die Geduld von pflegenden Angehörigen auf die Probe stellen.

Tipp 30: Keine falsche Bescheidenheit – ehrlich bleiben

Viele Pflegebedürftige wollen „stark sein“.
Doch die Begutachtung prüft den tatsächlichen Bedarf, nicht den Wunsch.

Was tun, wenn der Pflegegrad-Bescheid nicht passt?

Viele Pflegegrad-Bescheide fallen zu niedrig aus oder berücksichtigen wichtige Einschränkungen nicht. Das ist kein Einzelfall: Häufig fehlen im Gutachten entscheidende Informationen, Situationen wurden falsch eingeschätzt oder der Alltag wurde nicht realistisch dargestellt.

Die gute Nachricht: Gegen den Bescheid kann Widerspruch eingelegt werden.

Frist: 1 Monat für den Widerspruch

Nach Erhalt des Bescheids bleibt ein Monat Zeit, um schriftlich Widerspruch einzulegen.
Wichtig: Das Datum auf dem Brief zählt, nicht das tatsächliche Zustellungsdatum.

Widerspruch einlegen: Schritt für Schritt

1. Schritt: Formlosen Widerspruch schriftlich einreichen

Ein kurzer Satz reicht zunächst völlig aus:

„Hiermit lege ich fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid vom [Datum] ein.
Das vollständige Widerspruchsschreiben reiche ich nach.“

Damit sichern Sie die Frist ab und Sie können sich in Ruhe vorbereiten.

Den Widerspruch können Sie einreichen:

  • per Post
  • per E-Mail (bei vielen Pflegekassen möglich)
  • per Fax
  • persönlich mit Eingangsbestätigung

2. Schritt: Das vollständige Gutachten anfordern

Jede pflegebedürftige Person hat das Recht, das komplette Gutachten einzusehen.

Das ist wichtig, weil darin steht:

  • welche Module bewertet wurden
  • welche Punkte vergeben wurden
  • was der Gutachter beobachtet hat
  • welche Aussagen er dokumentiert hat
  • warum der Pflegegrad so berechnet wurde

Erst damit erkennen Sie, wo Fehler oder Lücken sind.

3. Schritt: Gutachten prüfen und Fehler markieren

Typische Fehler im Gutachten sind:

Beschönigungen

Bsp.: „Die Person kann sich selbst ankleiden“, obwohl sie nur an guten Tagen keine Hilfe braucht.

Fehlende Angaben

Bsp.: Nachts notwendige Hilfe wurde nicht erfasst.

Falsche Interpretationen

Bsp.: Der Gutachter sah nur einen „guten Tag“, der nicht dem Alltag entspricht.

Wichtige Einschränkungen fehlen

z. B. Sturzrisiko, Weglauftendenzen, Schmerzen, Inkontinenz.

Unterstützungsleistungen wurden nicht berücksichtigt

z. B. Hilfe bei Arztfahrten, Essenszubereitung, medikamentöser Therapie.

4. Schritt: Ergänzende Unterlagen einreichen

Um den Widerspruch zu untermauern, sollten Sie möglichst viele Belege einreichen:

  • aktualisierte Arztberichte
  • Stellungnahmen des Pflegedienstes
  • Physiotherapie-/Ergotherapie-Berichte
  • Krankenhausberichte
  • Notfallberichten oder Sturzprotokolle
  • aktuelles Pflegetagebuch (mind. 2–3 Wochen)
  • Fotos oder Dokumentation der häuslichen Situation
  • kurze schriftliche Stellungnahmen der Angehörigen

Je klarer und konkreter, desto besser.

5. Schritt: Widerspruch ausführlich begründen

Die Begründung sollte folgende Punkte enthalten:

  • Wo das Gutachten sachlich falsch ist
  • Welche Einschränkungen unterschätzt wurden
  • Warum bestimmte Module falsch bewertet wurden
  • Welche Probleme im Alltag aus Erfahrung bestehen
  • Welche Risiken auftreten
  • Wie viel tatsächlicher Pflegeaufwand täglich anfällt

Gutachter argumentieren strukturiert, und genauso sollte der Widerspruch aufgebaut sein.

6. Schritt: Eventuell eine erneute Begutachtung beantragen

Wenn der Fall besonders komplex ist, kann die Pflegekasse eine Zweitbegutachtung anordnen.

Dies wird oft gemacht, wenn:

  • das erste Gutachten grobe Fehler enthält
  • neue medizinische Unterlagen eingereicht wurden
  • Bei Anträgen auf Erhöhung, wenn sich die Selbstständigkeit verschlechtert hat und so die Pflegebedürftigkeit höher wurde.
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