Wenn ein naher Angehöriger plötzlich pflegebedürftig wird, müssen Familien kurzfristig organisieren, wie Pflege und Beruf zusammenpassen. Der 10‑tägige Sonderurlaub für pflegende Angehörige (kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach § 2 Pflegezeitgesetz) ermöglicht es, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben (Freistellung von der Arbeit), um eine akute Pflegesituation zu organisieren oder die Betreuung sicherzustellen.
In dieser Zeit besteht ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung (Urlaub). Der Verdienstausfall kann in der Regel über Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung bei der Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Somit brauchen Sie sich als pflegender Angehöriger keine Sorgen um den Ausfall Ihres Einkommens zu machen.
Ausgangssituation pflegende Angehörige
Durch den demografischen Wandel steigt die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland, sodass immer mehr Angehörige parallel Pflege, Beruf und Familie koordinieren müssen. Ohne dieses Engagement wäre das professionelle Pflegesystem erheblich stärker belastet, insbesondere bei der Versorgung im häuslichen Umfeld.
Kurzfristige Freistellungsregelungen wie der 10‑tägige Sonderurlaub, aber auch Pflegezeit und Familienpflegezeit, sollen diese Belastung abfedern und rechtliche sowie finanzielle Sicherheit schaffen. Sie schaffen den Rahmen für die Flexibilität, die notwendig ist in solchen Akutsituationen.
Was ist der 10‑tägige Sonderurlaub (kurzzeitige Arbeitsverhinderung)?
Der 10‑tägige Sonderurlaub für pflegende Angehörige ist das Recht von Beschäftigten, bis zu zehn Arbeitstage von der Arbeit freigestellt zu werden, um bei einer akuten Pflegesituation eines nahen Angehörigen die Pflege zu organisieren oder die Versorgung sicherzustellen.
Wichtige Punkte im Überblick
- Es handelt sich um eine Freistellung wegen Pflege, nicht um Erholungsurlaub.
- Der Anspruch greift, sobald eine akut auftretende Pflegesituation ein sofortiges Eingreifen erfordert.
- In dieser Zeit können z. B. häusliche Pflege organisiert, ambulante Dienste beauftragt oder Kurzzeit- bzw. Langzeitpflegeplätze gefunden werden.
Rechtsgrundlagen und Anspruch
Pflegezeitgesetz (PflegeZG) als Basis
Die rechtliche Grundlage bildet das Pflegezeitgesetz (PflegeZG); § 2 PflegeZG regelt die kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Arbeitstagen bei akuter Pflegesituation eines nahen Angehörigen.
Der Anspruch gilt für Beschäftigte im Sinne des PflegeZG unabhängig von der Betriebsgröße des Arbeitgebers, sodass auch Arbeitnehmer in Kleinbetrieben dieses Recht haben.
Wer gilt als „naher Angehöriger“?
Als nahe Angehörige im Sinne des Pflegezeitgesetzes gelten unter anderem:
- Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, Partner in eheähnlicher Gemeinschaft
- Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Großeltern
- Kinder, Adoptiv‑, Stief‑ und Pflegekinder, Enkelkinder
- Geschwister
Entscheidend ist eine enge familiäre, gesetzlich anerkannte verwandtschaftliche Beziehung zur pflegebedürftigen Person.
Bedeutung für Beruf und Pflege
Der Sonderurlaub ermöglicht eine kurzfristige, rechtssichere Auszeit vom Beruf, um Pflegearrangements aufzubauen, Versorgungslücken zu schließen und die weitere Betreuung zu planen. In dieser Lebensphase steht Ihnen soziale Unterstützung zur Verfügung, um Ihre Liebsten bestmöglich zu versorgen.
Er reduziert den Druck, in einer Krisensituation zwischen Arbeitsterminen Ad-hoc-Entscheidungen treffen zu müssen, und verbessert so die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für Beschäftigte und Arbeitgeber. Sie haben in dieser Lebensphase genügend Herausforderungen, die Sie zu meistern haben. Entlastung ist Ihr rechtlicher Anspruch, genau hierfür gibt es rechtliche Regelungen.
Dauer, Nutzung und Fristen
Maximale Dauer des Sonderurlaubs
Der Sonderurlaub umfasst bis zu zehn Arbeitstage je akuter Pflegesituation, wobei gezählt wird, an welchen Tagen laut Arbeitsvertrag tatsächlich gearbeitet wird (z. B. bei Teilzeit nur bestimmte Wochentage).
Die zehn Tage können am Stück oder auf mehrere Zeitblöcke verteilt genommen werden; mehrere Angehörige können sich die Tage teilen, insgesamt jedoch maximal zehn Tage pro akuter Pflegesituation und je pflegebedürftiger Person.
Fristen und Meldepflichten gegenüber dem Arbeitgeber
Beschäftigte müssen den Arbeitgeber unverzüglich informieren, sobald eine akute Pflegesituation besteht und eine Freistellung benötigt wird, und die voraussichtliche Dauer mitteilen.
In der Praxis empfiehlt sich eine schnelle mündliche Information (Telefon oder persönlich) mit anschließender schriftlicher Bestätigung per E‑Mail oder Formular, inklusive Hinweis auf die kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach PflegeZG.
Voraussetzungen für den Anspruch
Damit der Anspruch auf den 10‑tägigen Sonderurlaub greift, müssen sowohl pflegebezogene als auch arbeitsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sein.
Pflegegrade und akute Pflegesituation
Grundvoraussetzung ist eine voraussichtliche oder bereits anerkannte Pflegebedürftigkeit des Angehörigen, in der Regel mindestens der Pflegegrad 1, wobei ein formeller Bescheid zunächst durch eine ärztliche Bescheinigung ersetzt werden kann.
Zusätzlich muss eine akut auftretende Pflegesituation vorliegen, etwa nach Krankenhausentlassung, plötzlicher Verschlechterung des Gesundheitszustands oder dem Wegfall der bisherigen Pflegeperson, die sofortiges Handeln erforderlich macht.
Beschäftigtenstatus und Arbeitsverhältnis
Anspruchsberechtigt sind Beschäftigte im Sinne des PflegeZG, also Vollzeit‑ und Teilzeitkräfte, befristet Beschäftigte sowie in der Regel auch geringfügig Beschäftigte (Minijob).
Selbstständige, Freiberufler:innen und Personen ohne Arbeitsverhältnis fallen nicht unter den gesetzlichen Anspruch; zudem muss das Arbeitsverhältnis bestehen bleiben, Kündigungen wegen der Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung sind unzulässig.
Beantragung des Sonderurlaubs
Damit der Sonderurlaub reibungslos bewilligt und das Pflegeunterstützungsgeld korrekt ausgezahlt werden kann, ist ein strukturiertes Vorgehen wichtig.
Unterlagen und Angaben für den Arbeitgeber
Der Arbeitgeber benötigt in der Regel:
- Ärztliche Bescheinigung über die akute Pflegesituation und die (voraussichtliche) Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen
- Angaben zur pflegebedürftigen Person (Name, Geburtsdatum, ggf. Pflegekasse/Versicherungsnummer)
- Angaben zur verwandtschaftlichen Beziehung
- Zeitraum und gewünschte Verteilung der Freistellungstage
Je nach Unternehmen können zusätzlich interne Formulare oder Nachweise zum Arbeitsverhältnis verlangt werden, etwa ein internes Antragsformular.
Schritt-für-Schritt beim Arbeitgeber
- Akute Pflegesituation feststellen und Informationen sammeln (Gesundheitszustand, Klinikbericht, Kontakt zur Pflegekasse, familiäre Möglichkeiten).
- Arbeitgeber unverzüglich mündlich informieren und kurz schildern, dass es sich um eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach PflegeZG wegen einer akuten Pflegesituation handelt.
- Schriftliche Bestätigung nachreichen (E‑Mail/Formular) mit Angabe der geplanten Dauer und Verteilung der Tage sowie des Verwandtschaftsverhältnisses.
- Ärztliche Bescheinigung und weitere Nachweise so schnell wie möglich einreichen.
Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz
Pflegeunterstützungsgeld ist die Lohnersatzleistung für Beschäftigte, deren Arbeitgeber während des Sonderurlaubs kein Gehalt weiterzahlt.
Die Leistung wird bei der Pflegekasse oder privaten Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person beantragt und beträgt in der Regel 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts, bei bestimmten Einmalzahlungen können bis zu 100 % ersetzt werden.
Unterlagen für den Antrag auf Pflegeunterstützungsgeld
Typischerweise werden benötigt:
- Antragsformular der Pflegekasse (online oder per Post)
- Ärztliche Bescheinigung zur akuten Pflegesituation und Pflegebedürftigkeit
- Nachweis der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung (z. B. Arbeitgeberbestätigung oder Kopie der Freistellungsanzeige)
- Angaben zu Arbeitgeber, Beschäftigungsumfang, Zeitraum der Freistellung und Bankverbindung
Der Antrag auf das Pflegeunterstützungsgeld sollte möglichst zeitnah gestellt werden, um Einkommenslücken zu vermeiden und eine zügige Auszahlung zu ermöglichen. Die Entgeltfortzahlung sollte dann reibungslos klappen.
Schritt-für-Schritt: Sonderurlaub und Pflegeunterstützungsgeld beantragen
Gegenüber dem Arbeitgeber:
- Akute Pflegesituation erkennen und klären, welcher Pflegebedarf unmittelbar organisiert werden muss.
- Arbeitgeber unverzüglich informieren (telefonisch/persönlich), danach schriftlich mit Angabe von Grund, verwandtschaftlicher Beziehung, Dauer und gewünschter Verteilung der Tage.
- Ärztliche Bescheinigung nachreichen und mögliche Vertretungsregelungen abstimmen.
Gegenüber der Pflegekasse:
- Kontakt mit der Pflegekasse oder privaten Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person aufnehmen und das Antragsformular für Pflegeunterstützungsgeld anfordern., damit Sie schnellstmöglich Hilfe erhalten.
- Formular mit Angaben zu eigener Person, Arbeitgeber, Beschäftigungsumfang, Zeitraum der Freistellung und pflegebedürftiger Person ausfüllen.
- Ärztliche Bescheinigung, Arbeitgebernachweis und ggf. vorhandenen Pflegegradbescheid beilegen und den Antrag zeitnah einreichen.
- Auf Rückfragen der Pflegekasse schnell reagieren, damit die Auszahlung nicht verzögert wird.
Rechte und Pflichten während des Sonderurlaubs
Zentrale Rechte pflegender Angehöriger
Beschäftigte haben bei erfüllten gesetzlichen Voraussetzungen Anspruch auf Freistellung bis zu zehn Arbeitstagen je akuter Pflegesituation zur Versorgung eines nahen Angehörigen.
Erhält der Beschäftigte in dieser Zeit kein Arbeitsentgelt, besteht Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, zudem gilt ein besonderer Kündigungsschutz: Die Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung darf nicht zu Benachteiligungen oder Kündigungen führen.
Pflichten gegenüber Arbeitgeber und Pflegekasse
Pflegende Angehörige müssen den Arbeitgeber unverzüglich über die Freistellung informieren, die akute Pflegesituation nachweisen und Änderungen (z. B. längerer oder kürzerer Bedarf) zeitnah melden.
Gegenüber der Pflegekasse sind vollständige und korrekte Angaben sowie die rechtzeitige Einreichung aller erforderlichen Unterlagen erforderlich, da andernfalls Verzögerungen oder Ablehnungen drohen können.
Weitere Unterstützungsmöglichkeiten: Pflegezeit und Familienpflegezeit
Wenn zehn Tage nicht ausreichen, stehen mit Pflegezeit und Familienpflegezeit weitergehende Freistellungsmodelle zur Verfügung.
- Pflegezeit: Bis zu sechs Monate vollständige oder teilweise Freistellung, in der Regel in Betrieben ab 15 Beschäftigten, ohne gesetzlichen Lohnanspruch, jedoch mit Möglichkeit eines zinslosen Darlehens.
- Familienpflegezeit: Bis zu 24 Monate mit reduzierter Arbeitszeit (mindestens 15 Wochenstunden), Anspruch meist in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten, ebenfalls mit Darlehensoption.
Beide Modelle können kombiniert werden, wobei die Gesamtdauer zusammen maximal 24 Monate betragen darf.
Übersicht: Sonderurlaub, Pflegezeit, Familienpflegezeit
| Aspekt | 10 Tage Sonderurlaub (kurzzeitige Arbeitsverhinderung) | Pflegezeit | Familienpflegezeit |
|---|---|---|---|
| Rechtsgrundlage | § 2 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) | PflegeZG | Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) |
| Zweck | Akute Pflegesituation organisieren, Versorgung sichern | Mittelfristige häusliche Pflege naher Angehöriger | Längerfristige Pflege bei reduzierter Arbeitszeit |
| Dauer | Bis zu 10 Arbeitstage je akuter Pflegesituation | Bis zu 6 Monate | Bis zu 24 Monate mit mind. 15 Wochenstunden |
| Betriebsgröße | Unabhängig von der Betriebsgröße | In der Regel ab 15 Beschäftigten | In der Regel ab 25 Beschäftigten |
| Entgelt/Lohnersatz | Kein Lohnanspruch; Pflegeunterstützungsgeld möglich | Kein gesetzlicher Lohnanspruch; Darlehen möglich | Kein gesetzlicher Lohnanspruch; Darlehen möglich |
| Ankündigungsfrist | Unverzüglich bei Eintritt der akuten Situation | Schriftlich, meist ca. 10 Arbeitstage Vorlauf | Schriftlich mit längerer Vorlaufzeit |
| Typische Einsatzsituation | Plötzlicher Pflegefall, Klärung der Anschlussversorgung | Absehbarer, dauerhafter Pflegebedarf | Langfristige Pflege bei paralleler Erwerbstätigkeit |